Qi²: Welcher der Stars, mit denen du gearbeitet hast, war am härtesten gegen sich selbst?
Mark Twight: Ohne Zweifel war das Henry Cavill (der neue "Superman"-Darsteller - Anm. d. Aut.). Für "Man Of Steel" musste er sich auf 11 Monate sehr harte Arbeit einlassen und dann mit voller Hingabe dabei bleiben. Die radikalste Veränderung schafften wir bei den "300"-Darstellern Andrew Pleavin und Vincent Regan. Der eine verlor rund 15 Kilo in 5 Wochen, der andere noch etwas mehr in 8 Wochen. Wohlgemerkt haben beide in dieser Zeit an Muskelmasse zugelegt.
Qi²: Du hast gesagt, dass der Geist für den Trainingserfolg entscheidend ist. Ist es härter, eine Hürde geistig zu überspringen, als körperlich?
Mark Twight: Der Muskel, den wir besonders stark trainieren müssen, befindet sich in unserem Schädel. Wenn der nicht stark genug ist, wirst du dein eigenes Training nie über deine Grenze hinaus pushen können. Oder genauer gesagt: Du wirst dich immer an den Grenzen anderer orientieren. Wenn du von Sportlern umgeben bist, für die ein 5 Kilometerlauf in 23 Minuten die Definition von hartem Training ist, wirst du nie auf die Idee kommen, dass man auch unter 20 Minuten laufen könnte. Wenn alle glauben, dass zwei Deadlift-Wiederholungen das Maß der Dinge sind, sind drei Wiederholungen utopisch. Eine Leistungssteigerung muss zuerst im Kopf stattfinden, dann wirst du sie vielleicht auch irgendwann körperlich spüren können.
Qi²: Keine Chance ohne den mentalen Teil des Trainings?
Mark Twight: Wenn dein Geist keinen Spaß an harter Arbeit hat, es nicht genießen kann, zu leiden oder sich keinen neuen Herausforderungen stellen möchte, wird kein Programm der Welt zum Erfolg führen. Der körperliche Teil des Trainings ist ziemlich einfach: Nimm etwas in die Hand, hebe es hoch und senke es wieder ab. Und das mehrmals hintereinander. Fertig. Aber wenn du nicht fit im Kopf bist, wirst du nie den Kreislauf in Gang setzen können, den ich oben schon beschrieben habe. Dann wirst du dein Training nie in Grenzbereiche führen können.
Qi²: Gibt es Tricks, wie man diese erste hohe Hürde überspringen kann?
Mark Twight: Es gibt gerade für Einsteiger drei sehr einfache Tipps, die sich selbstverständlich anhören, die aber scheinbar viele nicht kennen: Je mehr du es als lästige Pflicht betrachtest, je mehr du dir einredest, dass harte Arbeit etwas ganz spezielles und unangenehmes ist, desto härter wird es. Dabei ist es nichts Außergewöhnliches. Das größte Problem ist es, Menschen an die Idee zu gewöhnen, in einem Gym zu trainieren. Wenn sie erstmal da sind, wird alles einfacher. Also Tipp Nummer 1: Geh´ in ein Studio und fang an zu trainieren. Als nächstes gilt es, sich klar zu machen, was überhaupt zu tun ist. Egal, was du vorhast: Irgendjemand hat es irgendwo schon geschafft. Also finde heraus, wie er es geschafft hat und ziehe deine Schlüsse aus seiner Methode. Bleibe dran, wenn es richtig hart wird. Egal, welche Tricks du anwenden musst, egal, wie du dich bestrafen oder belohnen musst, bleibe dran. Menschen haben schon Unfassbares geleistet und haben die imposantesten Anstrengungen überlebt. Wie schlimm kann es also sein, wenn deine Lunge oder deine Oberschenkel brennen? Zusammengefasst: Komm vorbei! Stelle Fragen! Hör nicht auf! Das ist das so genannte Geheimnis. Ganz einfach, oder?
Qi²: Welche Rolle spielt ein Trainer in diesem Prozess?
Mark Twight: Wenn ich mit Schauspielern zusammen arbeite, bestehen ganze Trainingseinheiten nur aus reden, reden, reden. Jedes Workout beginnt bei uns mit einem kleinen Interview. Das ist wichtig, denn wenn jemand 10 Stunden pro Woche trainiert, hat er immerhin 158 Stunden Zeit, alles wieder kaputt zu machen. Ein Trainer hat auch die Aufgabe, dich auf dem Weg zu unterstützen, bis zu genug Selbstdisziplin besitzt, jeden Tag, jede Stunde bewusst zu leben. Nicht nur die zwei Stunden im Gym.
Qi²: Was macht einen guten Coach darüber hinaus aus?
Mark TwightDie wichtigste Eigenschaft eines Trainers ist die Fähigkeit, das Naturell des Klienten zu verstehen. Wie schaffe ich es, ihn anzutreiben? Alle Sportler sind verschieden: Manche brauchen das Zuckerbrot, andere reagieren nur auf die Peitsche. Manche musst du austricksen, andere werden von ihrer Scham angetrieben. Manche haben Spaß daran, zu leiden. Als Trainer musst du ein Chamäleon sein. Den größtmöglichen Fortschritt für einen Kunden zu erzielen, hängt vor allem davon ab, dass du ihn richtig ansprichst. Das ist ein sehr schmaler Grat und ein kleiner Fehler kann alles ruinieren.